Tausend Lichter

„Klanglicht“ im hr Sendesaal:

Polyphonie scheint ein Markenzeichen von Andreas Hepp zu sein: seine Fähigkeit, verschiedene musikalische Handlungsfäden gleichzeitig zu spinnen, die in Klangfarbe, Tempo, Rhythmus, Melodie und Charakter völlig verschieden sind und im Zusammenwirken über sich hinauswachsen. „Klanglicht – ein Kammerkonzert der besonderen Art“ war das von ihm bestrittene Konzert im hr-Sendesaal überschrieben, in dem er dieses Prinzip nicht auf sein Schlagzeugspiel beschränkte. Überraschend trat er auch als Pianist am Konzertflügel auf und destillierte sympathisch trocken die Polyphonien in Chopins Polonaise op. 26 Nr. 1 und Nocturne Nr. 20 heraus. Hepp hatte zunächst Violine und Klavier gelernt, bevor er es erfrischender gefunden zu haben schien, Bachs C-Dur-Präludium auf dem Vibraphon zu spielen, einzelne Schichten daraus besonders hervorzukehren und etwas Eigenes daraus zu schaffen.

Sein Klavierspiel integrierte er wiederum virtuos in seine autobiographisch motivierte Komposition „Sagittarius“: Während eine Hand mit einem virtuosen Part auf den Tasten oder im Inneren des Klaviers beschäftigt war, bediente die jeweils andere die Perkussionsinstrumente ringsum. Eingebettet in die fünf über das Programm verteilten Teile von „Sagittarius“ erklangen zwei Uraufführungen: das meisterhaft aus groovenden Bass-Mustern heraus blühende „Magic Firefly“ für Marimba solo und das an Feuerwerk und Kriegsfilmvertonung denken lassende „Tausend Lichter“ für Setup mit mathematisch perfektioniert scheinenden metrischen Beschleunigungen und rhythmischen Bremsvorgängen. Björn Schneider hatte das Konzert in dankenswert dezenter Weise inszeniert, die niemals auch nur Gefahr lief, das klangliche Geschehen zu dominieren: Das Bühnenbild schuf eine die verschiedenen Instrumentarien (Flügel, Vibraphon, Setup und Schlagzeug-Klavier-Kombination) vereinende und zugleich die Konzentration fördernde Atmosphäre und diente zugleich als Projektionsfläche. Etwa für den verfilmten Vorgang, in dem die im Zeitraffer zitternde Hand der Grafikdesignerin Wilka Koch mit dem scheinbar Nebensächlichsten begann, um ein zunächst rätselhaftes, dann zunehmend konkreteres und viele Assoziationen freisetzendes Bild zum jeweils als Nächstes folgenden Stück zu zeichnen.

ELISABETH RISCH

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© Andreas Hepp